Bei Turner-Frauen ab 20 ist es definitiv das vorherrschende Thema: Der Kinderwunsch.
Dazu muss man auch sagen: Natürlich gibt es auch Turner-Frauen, die gar keine Kinder wollen. Und im Übrigen auch Männer, die froh sind, dass wir nicht schwanger werden können (und das leider auch manchmal ausnutzen... Aber das ist ein anderes Thema).
Grundsätzlich wollen Menschen aber meistens genau das, was sie nicht haben können. Und das sind bei uns nun einmal eigene Kinder.
Tatsächlich beginnt das bei vielen Mädchen wohl schon in der Kindheit. Man lernt die familiären Strukturen kennen und überhaupt woher Kinder kommen, dann spielt man Mama für seine Puppen oder für die kleineren Geschwister oder andere Kinder in der Verwandtschaft... Das tut man auch, wenn man schon längst weiß, dass man selbst keine Kinder bekommen kann. Ich zum Beispiel habe ja als ich 8 Jahre alt war die Diganose bekommen und wusste dann auch schon über die Unfruchtbarkeit Bescheid.
Wie die meisten Frauen möchte man dann mit ungefähr Mitte 20 gerne selbst Mama werden. Vor allem, weil man dann als Turner-Frau ja auch miterlebt, wie viele Gleichaltrige Kinder bekommen oder bereits haben.
Und dann steht man da, eventuell hat man sogar einen Partner, der gerne Kinder hätte. Und man kann es nun einmal nicht. Man kann nicht schwanger werden.
Bei mir hat sich der Frust über die Unfruchtbarkeit vor allem so geäußert, dass ich Kindern und Babys gegenüber eine richtige Abneigung entwickelt habe. Ich wollte keine Kinder mehr, zumal ich auch einige richtig schlechte Erfahrungen mit Kindern gemacht habe. Und mein Leben als Dauerstudi war auch viel zu chaotisch dafür.
Aber klar freut man sich nicht unbedingt für eine Freundin oder Verwandte, die ein Kind bekommt, wenn man selbst ganz genau weiß, dass man höchstwahrschienlich nie eines haben wird. Man will dann auch keine Babyfotos gezeigt oder zugeschickt bekommen. Erst recht nicht möchte man irgendwelche Sprüche a'la "Ich hab jetzt mein Kind, ich hab meine Pflicht erfüllt, als nächstes bist du dran." hören. Man möchte nicht unter die Nase gerieben bekommen, was man nicht haben kann, was einem eben am eigenen Körper doch fehlt. Es ist ja jetztendlich vor allem der "Fehler" oder "Makel" am eigenen Körper, der verantwortlich dafür ist, und das kann das Selbstbild sehr stark beschädigen. Es kostet viel Arbeit, die Unfruchtbarkeit als Teil des Körpers und als Teil von sich selbst zu akzeptieren, den man nicht beeinflussen kann und mit dem man leben muss. Aber ich bin davon überzeugt, je früher man davon weiß, desto besser kommt man auch damit zurecht und kann in diese Situation hineinwachsen. Wenn man mit Anfang 20 erst damit konfrontiert wird und sich vielleicht schon darauf vorbereitet hat, Mama zu werden, ist es, denke ich, viel schlimmer.
Wenn man einen Partner hat, kann die Beziehung möglicherweise an der Unfruchtbarkeit zerbrechen, weil er doch Kinder will. Oder man wird von Männern ohnehin von vorneherein abgelehnt, wenn sie davon erfahren. Noch dazu kommt auch einfach die Angst vor dem Alter. Wir leben in unsicheren Zeiten, und vor allem was Rente und Pflege angeht bestehen in Deutschland viele Probleme. Da möchte man einfach wissen, dass Familienangehörige da sind, die ein Auge auf einen haben, wenn man alt ist. Man möchte im Alter nicht allein sein.
Damit zurechtzukommen, dass man selbst keine Kinder bekommen kann, wenn man unbedingt welche möchte, ist beileibe keine leichte Sache. Was es uns leichter macht ist, dass heutzutage sehr viele unterschiedliche Lebensentwürfe problemlos akzeptiert werden, und dass viele Menschen allein oder zu zweit ohne Kinder leben. Außerdem haben wir, was die Unfruchtbarkeit angeht, viele Leidensgenossinnen, die kein Turner-Sydrom haben. Erstaunlich viele Frauen sind davon betroffen, deshalb gibt es auch mittlerweile viele Behandlungsmöglichkeiten, von denen nur leider gerade die, die uns helfen würden (vor allem die Eizellspende), in Deutschland gesetzlich verboten sind. Wir können also durchaus Kinder haben, nur eben nicht aus unseren eigenen Eizellen und es ist mit mehr Aufwand (und Reisen) verbunden als bei gesunden Frauen.
Es gibt auch noch die Option einer Patchworkfamilie, wenn man einen Partner heiratet, der bereits Kinder mit in die Ehe bringt, oder die Adoption. Dabei will ich aber gar nicht verschweigen, dass beides seine Probleme mit sich bringt, was die Adoption betrifft vor allem die behördlichen und bürokratischen Hürden. Aber sowohl die Patchworkfamilie als auch die Adoption kann für diejenigen von uns, die diese Möglichkeiten und den richtigen Partner dazu haben, eine perfekte Lösung sein!
Oft hört man auch von Turner-Frauen, dass sie sich statt Kind eben Tiere anschaffen. Oder sie ergreifen Berufe, bei denen sie ständig mit Kindern zu tun haben, wenn sie schon keine eigenen haben können.
Leicht haben wir es mit der Unfruchtbarkeit definitiv nicht. Aber es gibt Möglichkeiten, sich den Kinderwunsch doch noch zu erfüllen.