Heute kamen endlich wieder die Ullrich-Turner-Syndrom-Nachrichten! Vielen, vielen Dank an die Redaktion, ich freue mich jedes Mal über das Heft und habe ja selbst auch schon Artikel geschrieben.
Heute nehme ich das Thema mal zum Anlass, über meine Erfahrungen zu berichten.
Ja, mein Mann und ich haben einen Kinderwunsch und wollten es "auch mal mit Eizellspende versuchen". Mein Mann ist nicht mehr der jüngste, und bei mir wurde es mit Anfang 30 dann auch langsam Zeit. Da ich als Kind zwei Herzoperationen hatte weiß man nie, wie lange der Körper noch mitmacht. Bisher jedenfalls ist aus Sicht des Kardiologen alles in Butter und ich mache eine ziemich gute Figur auf dem Belastungs-EKG.
Das Erste, was uns in der Kinderwunschklinik in Deutschland nach Blutuntersuchung und Spermiogramm mitgeteilt wurde war, dass bei mir keine Eizellen zu finden sein würden, da LH und FSH stark erhöht waren (was ja nun leider irgendwie zu erwarten war), aber immerhin gab es seitens meines Mannes keine Einschränkungen.
Dann wurde uns gesagt, dass man uns nicht weiter helfen kann, da Eizellspende in Deutschland verboten ist, man es noch nicht einmal empfehlen dürfe und auch keinen Kontakt herstellen könne.
Na ja, auch das war zu erwarten. Das haben wir ja vorher gewusst.
Also haben wir gegoogelt, unwissend und blauäugig wie wir waren. Wir wollten es in Österreich versuchen, weil es nun einmal ein deutschsprachiges Land mit guten medizinischen Standarts ist und dort Eizellspende erlaubt ist.
Beim Erstgespräch stellte sich heraus, dass anonyme Eizellspende dort nicht zulässig ist und es daher in Österreich nicht genug Spenderinnen gibt und die Wartezeit wohl sehr lang ist, wenn man nicht selbst eine Spenderin mitbringt. Man würde also alle Untersuchungen machen können, auch die Spermaprobe nehmen, und diese dann in die tschechische Filiale transferieren, wo dann eine Spenderin gesucht werden würde, Blastozysten vorbereitet werden würden und auch der Transfer durchgeführt werden würde.
Wir waren damit einverstanden, schließlich dachten wir uns, in Tschechien wird Eizellspende schon länger betrieben als in Deutschland, die Mitarbeiter des Zentrums können Deutsch und Pilsen ist für uns mindestens genauso gut zu erreichen wie Salzburg, wir leben in Franken, da ist das quasi "um die Ecke".
Ich wurde in der Zwischenzeit, während eine Spenderin gesucht wurde, total hibbelig und aufgeregt, wie man sich ja vorstellen kann. Ich habe kontakt zu anderen Turner-Frauen gesucht und den auch schnell gefunden, auf meine Anfrage, wer schon Erfahrung mit Eizellspende hat, haben sich erstaunlich viele Frauen gemeldet. Ich fand es toll, so viel Unterstützung und Frauen, die mir Informationen gegeben haben und Mut gemacht haben, kennen zu lernen.
Was ich auch erfahren musste war, dass die Klinik, die wir uns (völlig unwissend) ausgesucht haben, wohl keinen guten Ruf hat, dass die Behandlung doch etwas überteuert war und na ja, das mit dem Probezyklus um vor dem ersten Zyklus mit Embryotransfer herauszufinden, wie die Gebärmutterschleimhaut reagiert (für die, die es nicht wissen: Die Gebärmutterschleimhaut muss für den Transfer mindestens 7,5 mm dick sein) und die Era-Untersuchung um festzustellen, wann der beste Zeitpunkt für einen Transfer ist, fiel bei uns auch unter den Tisch. Wäre aber auch nicht nötig gewesen, vor dem ersten Transfer unter der dreifachen Östrogendosis wie ich sie normalerweise bekomme wuchs die Schleimhaut wunderbar und es gab auch eine Einnistung.
Unsere erste Fahrt nach Tschechien und der erste Transfer waren natürlich extrem aufregend. Ich fühlte mich in der Klinik gleich gut aufgehoben und man half uns auch bei so kleinen Organisationsdefiziten wie "wo bekomme ich jetzt tschechisches Geld her???" irrsinnig freundlich weiter.
Klar gehörten auch Hormontherapien dazu. Da mein Mann Apotheker ist kennt er sich damit gut aus und kann sie notfalls auch in letzter Sekunde noch gut selbst besorgen. Was man wissen sollte ist, dass man auch Spritzen bekommt. Vor allem Progesteron in der notwendigen Dosis kann man wohl nicht als Tablette nehmen. Auch Intramuskuläre Spritzen, die nur jemand geben sollte, der gut dafür angeleitet wurde, gehören dazu. Und irgendwann fühlt der Hintern sich dann einfach an, wie ein Nadelkissen...
Na ja, aber Spritzen sind wir Turner-Frauen ja meist ohnehin von den Wachstumshormonen gewohnt, die subkutanen Spritzen, die ich auch zeitweise hatte, habe ich mir jedenfalls ohne skrupel selbst gegeben. So viel anders als mit meinem alten Freund Genotropin-Pen war das auch nicht. Generell denke ich, die Hormontherapien sind für uns Turner-Frauen vielleicht gar nicht so schlimm, bei uns muss ja nicht in einen natürlich vorhandenen Zyklus eingegriffen werden. Wir bekommen einfach nur die Hormone, die jede andere Schwangere von sich aus produzieren würde.
Nun ja, und dann fängt die berühmte Warteschleife an. Die Zeit, in der man weiß, da könnte ein Kind sein, und alles, was man kann, dafür tut, dass es wächst und sich entwickelt. Aber man weiß nicht, ob es wirklich da ist. Ob es wächst und bei einem bleibt. Man möchte Mama sein, man darf es aber noch nicht. Man darf auch keinen Sport machen (außer vielleicht Yoga und Gymnastik) und natürlich nichts, was dem Kind (das ja noch gar nicht offiziell da ist) schaden könnte, zu sich nehmen. Bei uns führte das dazu, dass mein Mann wie wild alles kontrollierte, was ich aß, um sicherzugehen dass da bloß kein Thymian, Petersilie oder Ingwer drin ist... Ja, das ist eben die Aufregung beim ersten Versuch in der Warteschleife.
Bis zum Schwangerschaftstest. Bei uns war es so, dass der erste negativ war und der zweite am Tag darauf positiv. Auch der HCG-Wert war zwar niedrig, aber noch absolut im Rahmen.
Leider war ich nach dem Transfer nur drei Wochen lang wirklich schwanger, denn mich erwischte die Grippe und damit kamen Blutungen und eine Fehlgeburt. Außerdem meinte meine Frauenärztin noch, in all dem Blut von der Fehlgeburt ein Myom zu sehen. Na ja, man kann sich denken wie es mir an diesem Tag der Untersuchung ging. Um genau zu sein sind das so die Momente, wo kurz die Welt zusammenbricht und man eigentlich nur ganz weit weg möchte weil es einem dort, wo man ist, gerade richtig dreckig geht. Es hätte der erste Ultraschall unseres Kindes sein sollen, bei dem man zumindest schon die Eihülle hätte sehen können.
Das Myom stellte sich zwar als Fehldiagnose heraus, aber um sicher zu sein musste ich noch eine Gebärmutterspiegelung machen. Auch das war nicht lustig und im Endeffekt belastender, als ich dachte, mir hatte keiner gesagt, dass man sich dafür bis zu einer Woche krankschreiben lassen kann...
Dennoch wollten wir recht schnell einen zweiten Versuch wagen, es sprach auch nichts dagegen, da die Gebärmutterspiegelung quasi diagnosefrei blieb.
Leider bleib der zweite Versuch ergebnislos, vielleicht auch weil das Chaos um die Fehlgeburt noch viel zu nah war. Zittern, Hoffen, Wünschen... Was dabei herauskommt ist nur ein Anruf bei der Frauenärztin, und die Helferin sagt "Sie sind nicht schwanger" mit Betonung auf dem "nicht".
Während all dieser Zeit sieht man ständig junge Paare mit Kindern und schwangere Frauen. Wir wohnen ja noch dazu neben einem Kindergarten und es ist eh Babyboom-Zeit, auf meiner Arbeitsstelle sind aktuell 11 Frauen im Mutterschutz. Ja, und es gibt sie, die Anderen, die Kinder mit Eizellspende bekommen haben, bei denen es gleich beim ersten Versuch geklappt hat. Nicht nötig zu erwähnen, dass mich das arg trifft und ich jedes Mal an all das Blut auf dem Stuhl meiner Gynäkologin und meinen Mann, der betreten daneben saß, denken muss, wenn ich eine Schwangere sehe oder lese, dass es bei jemandem geklappt hat.
Unterm Strich: Nein, schön war es bisher nicht, mit Glück, Freude oder dem Gründen einer Familie hatte das alles auch nichts zu tun. Aber wer weiß? Ein paar Blastozysten haben wir noch eingefroren. Vielleicht schafft es eine davon ja doch.
Und noch ein paar Tips von mir für jeden, der es auch versuchen möchte:
1. Fangt so früh es geht damit an. Je mehr Zeit ihr habt, desto besser ist es. Vor allem fangt so früh es geht an, euch zu informieren. In Deutschland geht das leider nur, indem man Kontakt zu anderen aufnimmt, die schon eine Eizellspende hinter sich haben. Im Internet lesen bringt nur die Hälfte der nötigen Informationen. Und fangt früh an, dafür zu sparen. Mit Kosten in Höhe von 10.000 Euro insgesamt muss man allemale rechnen, eventuell auch mehr. In Tschechien ist es meist etwas günstiger, aber in Spanien oder Österreich sind die Preise höher und meist kommen ja auch Kosten für Übernachtung, weitere Transfers etc. dazu.
2. Redet mit euren Ärzten darüber. Die dürfen zwar den Transfer und die hormonelle Vorbereitung nicht übernehmen, aber sie müssen meistens einen großen Teil der nötigen Untersuchungen machen... Unter anderem auch die Messung der Schleimhautdicke. Und euer Frauenarzt muss ja die Schwangerschaft betreuen. Seid also ehrlich und habt keine Angst, dass ihr von euren Ärzten etwas Verbotenes verlangt. Nur der Transfer und die hormonelle Vorbereitung ist verboten, nicht die Untersuchungen, die damit in Zusammenhang stehen.
3. Besorgt euch rechtzeitig die Medikamente. Dinge wie Agolutin (wer in Tschechien schon mal eine Ezellspende bekommen hat weiß, wovon ich rede) bekommt man in Deutschland nicht oder nur schwer.
4. Klärt rechtzeitig, wer euch die Spritzen gibt. Bei Intramuskulären Spritzen ist das nicht so einfach, das muss schon jemand machen, der das kann (wir haben wirklich eine bekannte Ärztin gefagt... Und glücklicherweise ist mein Mann Apotheker und kann auch ganz gut damit umgehen.)
5. Wenn es auch fast unmöglich ist: Kalkuliert diese wahnsinnig machenden zwei Wochen Warteschleife ein. Und kalkuliert ein, dass es nicht funktioniert. Mittlerweile liest man von immer mehr Leuten bei denen es wirklich gleich beim ersten Mal hinhaut, die Chancen steigen also. Aber es gibt eben keine Garantien. Und von Fehlgeburten kann fast jeder berichten, der sich auf künstliche Befruchtung eingelassen hat, ob mit oder ohne Eizellspende.
So. Ja, das war nicht gerade ein positiver Post. Aber so ist es bei uns nun einmal leider bisher gewesen. Auch wenn es aktuell noch schwerfällt will ich aber positiv in die Zukunft schauen und nicht den Mut verlieren, dass es eben doch noch einer unserer kleinen Frostzwerge in Tschechien schafft. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.