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Wachsen, wachsen, wachsen...

Ach ja, da war doch noch die Sache mit dem klein sein und den Wachstumshormonen.

 

 

 

Das Turner-Syndrom bringt auch Kleinwuchs mit sich. Man kann mit Hilfe einer Formel die ungefähre Endgröße, die eine Patientin ohne die Wachstumshormontherapie erreichen würde, ermitteln. Diese Formel lautet: (0,63*mittlere Elterngröße in cm) +39,5 = Endgröße in cm ohne Wachstumshormontherapie.

 

Hier ein Beispiel, wie die Berechnung funktioniert:

 

Wenn der Vater 180 cm groß ist und die Mutter 165 cm, dann liegt der Mittelwert, also die mittlere Elterngröße, bei 172,5 cm.

 

Wenn wir den in die Formel eintragen, lautet sie: (0,63*172,5)+39,5=148,2.

 

Die Tochter mit Turner-Syndrom würde ohne Wachstumshormone also voraussichtlich ungefähr 148 cm groß werden.

 

Diese Formel ist nicht zu 100% verlässlich, da sich natürlich auch andere Faktoren, wie zum Beispiel die Ernährung, auf das Wachstum auswirken. Aber immerhin erhält man mit der Formel einen ganz guten Richtwert.

 

 

 

Mit Wachstumshormonen kann man, je nachdem wann man mit der Behandlung beginnt und wie gut sie anschlägt, etwa 10 bis 15 cm zusätzliches Wachstum erreichen. Vor der Therapie wird ein Glukosetoleranztest gemacht und die Blutzuckerwerte werden kontrolliert, denn das Wachstumshormon kann Diabetes fördern, wofür Turner-Frauen ohnehin ein erhöhtes Risiko haben. Aber solange die Zuckerwerte in Ordnung sind spricht nichts gegen die Therapie.

 

Das Wachstumshormon, meist heißt es Norditropin oder Genotropin und wird von verschiedenen Herstellern angeboten, muss gespritzt werden. Dafür gibt es ganz unterschiedliche Systeme, Stechhilfen und Pens. Die Nadeln sind sehr fein, sodass es nicht ganz so schmerzhaft ist und das Gewebe nicht so schnell verhärtet (dennoch sollte man darauf achten, die Stelle, an der gespritzt wird, möglichst täglich zu wechseln…). Es gibt sogar nadelfreie Systeme, die aber nicht zwangsläufig auch schmerzärmer sind. Man muss eventuell ausprobieren, was einem am ehesten zusagt. Der Umgang mit den Pens ist aber recht unkompliziert und kann schnell gelernt werden. Im Normalfall bekommt man auch eine Einführung durch den Vertreter, der den Pen übergibt.

 

Worauf man außerdem achten muss ist, dass das Hormon gekühlt aufbewahrt werden muss, was man bei Urlaubsreisen oder Klassenfahren bedenken muss (man kann mit dem Arzt absprechen ob man für die Reise eventuell mit den Spritzen aussetzen kann, aber meist gibt es auch in Hotels oder Jugendherbergen Kühlmöglichkeiten).

 

 

 

Junge Eltern stellen sich natürlich auch solche Fragen wie, was der Kleinwuchs für eine Turner-Frau bedeutet und in welchen Fällen man sich für- oder gegen die Therapie mit Wachstumshormonen entscheiden sollte. Klar ist es anstrengend, einem kleinen Kind die Spritzen täglich zu geben. Und vielleicht kann die Tochter ja, wenn die Eltern groß sind, auch ohne die Hormone eine gute Größe erreichen.

Man muss aber auch sagen, dass ein paar Zentimeter durchaus große Erleichterungen im alltag bringen können, und auch eine Kinderwunschbehandlung wird vemutlich nach der Wachstumshormontherapie erfolgversprechender sein, da ja auch die Gebärmutter mitwächst.

 

 

 

Natürlich wird man als kleines UTS-Mädchen gehänselt. Natürlich will jedes Kind wachsen. Das „groß werden“ hängt in unserer Gesellschaft eben viel mehr mit der physischen Körpergröße als der geistigen Reife zusammen. Selbst in Filmen werden jüngere Figuren fast immer auch als die kleineren dargestellt!

 

Wenn man klein ist, ist man für die anderen Kinder erst einmal der Benachteiligte, der Abgehängte, der Gartenzwerg oder eventuell sogar der Krüppel. Und klar, für die so beleidigten oder gehänselten ist das schlimm. Und die Eltern sehen und spüren das und sind erst einmal machtlos. Man kann sein Kind nun einmal nicht vor allem schützen und nicht immer unterstützen, und ein Kind soll sich ja auch selbst ausprobieren und im Laufe der Zeit stärker, selbstständiger und unabhängiger werden.

 

 

 

Was mir als Kind geholfen hat war, dass meine Eltern mir irgendwie immer vermittelt haben, dass ich in vielen Dingen auch gut bin und viele Dinge kann. Zu wissen, was ich kann und was ich für Stärken habe, hat mir Selbstbewusstsein gegeben.

 

 

 

Außerdem hat es ja auch Vorteile, so klein zu sein. Man muss sich definitiv weniger weit bücken als Andere, um etwas aufzuheben oder unter einem tief hängenden Ast durchzulaufen. In Dachwohnungen schlägt man sich nicht so schnell den Kopf an, auch sonst hat man es leichter irgendwo hinein zu kriechen. Männer mögen kleinere Frauen lieber. Man wird leicht unterschätzt und hat das Überraschungsmoment auf seiner Seite.